Baurecht vor Artenschutz?

Stadtblatt-Beitrag von Stadtrat Dr. Nicolá Lutzmann – Ausgabe vom 22.12.2021 //

Die Brunnenbecken im Schlossgarten sind die wichtigsten Heidelberger Amphibiengewässer südlich des Neckars. Ehrenamtliche kümmern sich in guter Kooperation mit Schlossverwaltung und den engagierten Mitarbeiter*innen des Umweltamts um die Populationen, so dass es einen guten Überblick über die Tiere gibt. Die aus dem Wald kommenden Kröten, Molche und Salamander werden über den Schloß-Wolfsbrunnenweg getragen. Denn auch wenn Verkehrswarnschilder aufgestellt sind, werden immer noch zu viele Tiere überfahren. Nur mit diesem langjährigen, gemeinsamen Einsatz konnte die Population in einem sehr guten Zustand erhalten werden – bis letztes Frühjahr!

Die Amphibienfreunde mussten in Wellen hunderte Molch- und Salamanderlarven, duzende erwachsene Molche und rund 10% der Salamander tot einsammeln. Schnell konnten Krankheiten durch Untersuchungen der Universität Leipzig ausgeschlossen werden. Dafür wurde durch das Umweltamt festgestellt, dass die Todesursache ein massiv erhöhter pH-Wert des Wassers war, verursacht durch die Betonarbeiten der Baustelle Schloß-Wolfsbrunnenweg 18. Ein sofortiger Baustopp wurde verhängt. Das sich in der Baustelle sammelnde verseuchte Quellwasser wird nun in die Kanalisation gepumpt und damit ist die Quelle in der „Großen Grotte“ versiegt.

Durch unsere gemeinderätliche Anfrage an das Baudezernat wurde klar, dass grundsätzliche Gutachten für eine Genehmigung von der Behörde nicht angefordert wurden – trotz Hang-Baustelle mit etlichen Quellgebieten, in der Nähe zu Amphibiengewässern und auf den Wanderwegen der Tiere zu den Gewässern. Interessanterweise wurde der Naturschutzbeauftragte zwar für das geplante Bauprojekt „Seminarhaus mit Übernachtungsmöglichkeiten“ 2015 um eine Stellungnahme gebeten. Dieses Bauprojekt wurde jedoch nicht umgesetzt. Beim neuen Bauantrag mit anderer Nutzung des Geländes wurde er nicht mehr mit eingebunden! Jetzt erst wurde vom Bauamt ein hydrogeologisches Gutachten nachgefordert. Eine „artenschutzrechtliche Potentialanalyse“ soll nur für Vögel und Fledermäuse durchgeführt werden, jedoch nicht für die betroffenen Amphibien. Ähnliches zeichnet sich nun auch für einen weiteren Bauantrag für den Schloß-Wolfsbrunnenweg 16 ab. Hier muss auch begründet erklärt werden, ob das geplante Gebäude im Außenbereich liegt oder nicht.

Daher fordern wir umfängliche artenschutzrechtliche Gutachten insbesondere zu den Amphibien und deren Wanderwege und die Wiederherstellung der Wege über die entsprechenden Grundstücke, eine Kartierung und Restaurierung der Quellzuflüsse und Instandsetzung der verunreinigten Leitungen, so dass sich die Populationen dieser besonders geschützten Arten hoffentlich erholen können.

verendeter Salamander – deutlich erkennbar die Löcher in seiner Haut

Bildrechte: Nicole Lill

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