Stadtblatt-Beitrag von Dorothea Kaufmann und Anita Schwitzer – Ausgabe vom 21.02.2024 //
Eine Frau geht tagsüber durch die belebte Innenstadt. Ein Mann geht nah an ihr vorbei, im Moment des Vorbeigehens fährt er seinen Ellenbogen aus und stößt ihn mit voller Wucht gegen den Arm und den Oberkörper der Frau. Ohne Kommentar läuft er weiter. Harmlos? Ungewöhnlich? Unmöglich? Diese Frau ist eine von uns, passiert ist diese Tätlichkeit am 14.02.2024 in der Bergheimer Straße.
Feminismus ist die “radikale” Vorstellung, dass Frauen Menschen sind. Jeder Mensch hat ein Recht auf Sicherheit, Unversehrtheit, Respekt und Chancengerechtigkeit. Jährlich am 14.2. erinnert die Tanz-Demo „One Billion Rising“ daran, dass Frauen immer noch fortwährend strukturelle, psychische und physische Gewalt erfahren. 2013 veranstalteten die hiesigen Frauenverbände erstmals mit der Heidelberger Bundestagsabgeordneten Dr. Franziska Brantner die Tanz-Aktion, inzwischen haben sich etliche Parteien des Gemeinderates dieser besonderen Veranstaltung angeschlossen. Es geht darum, Mut zu machen, die Fesseln abzuwerfen, die uns an ungute Beziehungen ketten, die uns in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen halten wollen, die Angst als Druckmittel verwenden, um uns klein zu halten und uns Minderwertigkeit und Bedeutungslosigkeit vorgaukeln wollen.
Bei der diesjährigen Demo „One Billion Rising“ ließen sich selbst von Regen über 100 Menschen nicht abhalten, ein starkes Zeichen für den Feminismus zu setzen. Mit beeindruckendem Engagement und lautstarken Parolen machten sie deutlich, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter eine unabdingbare Forderung ist. Neben der symbolischen Solidarität wurden auch konkrete Forderungen erhoben: So besteht nach wie vor ein dringender Bedarf, die Anzahl der Frauenhausplätze in Heidelberg zu erhöhen und sicherzustellen, dass sie kostenlos für die Betroffenen zugänglich sind. Die Grünen-Fraktion hat darum kürzlich eine institutionelle Förderung beantragt. Ebenso wurde betont, dass es inakzeptabel ist, dass Frauen für die gleiche Arbeit nach wie vor weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit betont, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und Frauen in Führungspositionen zu fördern.
Als der bunte Demozug schließlich den Bismarckplatz erreichte, hatten sich zahlreiche Passant*innen angeschlossen, um mit den Demonstrant*innen zu tanzen und ihre Unterstützung zu zeigen. Dieser gemeinsame Tanz gegen Gewalt an Frauen war nicht nur eine kraftvolle Geste, sondern auch eine Gelegenheit, das Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu schärfen. Möge diese Energie und Entschlossenheit dazu beitragen, dass immer mehr Menschen bereit sind, aktiv einzugreifen, wenn sie Zeug*innen von Übergriffen werden.