Stadtblatt-Beitrag von Marilena Geugjes – Ausgabe vom 26.11.2025
Heidelberg gehört seit Jahren zu den Vorreiterinnen in der Gleichstellungspolitik. Bereits 2007 war unsere Stadt eine der ersten in Deutschland, die die „Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ unterzeichnet hat. Nun hat der Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, die aktualisierte Fassung erneut zu unterschreiben. Sie greift Themen auf, die heute eine zentrale Rolle spielen: digitale Gewalt und Hass im Netz, faire Verteilung von Carearbeit, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, intersektionale Perspektiven auf Mehrfachdiskriminierung sowie die Verbindung von Klima-, Nachhaltigkeits- und Gleichstellungsfragen.
Die Charta ist dabei nicht nur ein symbolisches Dokument. Sie bildet den Rahmen für die Gleichstellungspolitik der Stadt und für die Arbeit des Amtes für Chancengleichheit. Für uns Grüne ist die erneute Unterzeichnung ein wichtiges Signal: Gleichstellung ist grundlegende Voraussetzung für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Damit ist sie eine Aufgabe, die alle betrifft. Denn die Realität zeigt deutlich, dass wir von echter Gleichstellung noch weit entfernt sind. Nur 29 Prozent der Führungspositionen in Deutschland sind mit Frauen besetzt – deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Trotzdem hören wir immer wieder, Gleichstellung sei längst erreicht. Wer das behauptet, sollte einen Tag im Leben einer Frau verbringen. Man würde sich wundern, wie oft gut qualifizierte, engagierte Frauen an strukturellen Barrieren scheitern, die nichts mit individueller Leistung zu tun haben. Empowerment ist wichtig, aber es stößt an Grenzen, wenn die Strukturen selbst ungerecht bleiben.
Genau hier setzt die Charta an: Sie macht klar, dass Gleichstellung auch und gerade auf lokaler Ebene umgesetzt werden muss. Kommunen haben Vorbildfunktion. Wir brauchen mehr Frauen in Führungsrollen – in Verwaltung, Unternehmen und Vereinen. Dafür benötigen wir bessere Rahmenbedingungen für Vereinbarkeit und konsequente Arbeit gegen jede Form von Diskriminierung. Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe. Sie gehört nicht nur auf den Schreibtisch des Amtes für Chancengleichheit, sondern in jede Abteilung, jede Entscheidung, jeden Haushaltstitel. Um diesen Prozess gut zu begleiten, begrüßen wir den geplanten Runden Tisch Gleichstellung. Nur so verhindern wir, dass gute Vorsätze zu bloßen Lippenbekenntnissen werden. Und davon hatten wir im Jahr 2025 wirklich genug. Jetzt geht es um konkrete Schritte – für eine gerechtere Stadt für alle!
Titelbild: Bronze-Statue “Fearless Girl” – zu Deutsch „Furchtloses Mädchen“ – der amerikanische Bildhauerin Kristen Visbal (Foto: „Shutter Speed“)


