Stadtblatt-Beitrag von Julian Sanwald Ausgabe vom 10.07.2024 //
Die Grünen-Fraktion hatte bereits in den letzten Haushaltsberatungen einen Antrag zur Erstellung eines Konzeptes für ein „Housing First“-Projekt in Heidelberg gestellt. In der letzten Gemeinderatssitzung wurde nun die Umsetzung dieses Projektes einstimmig beschlossen. Das Projekt steht für einen neuen Ansatz in der Wohnungslosenhilfe und der Bekämpfung von Obdachlosigkeit in Heidelberg. Derzeit sind hier rund 120 Menschen von Obdachlosigkeit betroffen. Die Zahl der Wohnungslosen, also Menschen, die zwar meist ein Dach über dem Kopf, aber keinen eigenen Mietvertrag haben, ist vier- bis fünfmal so hoch. Der Weg zurück in die eigenen vier Wände dauert aufgrund hoher Hürden für viele Betroffene mehrere Jahre oder scheint fast unmöglich.
Genau hier setzt der Housing-First-Ansatz an, der auf dem Grundrecht auf Wohnen und dem Prinzip der Freiwilligkeit basiert. Das bedeutet, dass den Teilnehmenden zunächst eine eigene Wohnung in einem normalen unbefristeten Mietverhältnis ohne weitere Vorbedingungen zur Verfügung gestellt wird. Das Konzept „Housing First“ hat seine Ursprünge in den USA und wird bereits erfolgreich in verschiedenen europäischen Ländern und in einigen deutschen Städten umgesetzt.
Das Modellprojekt „Housing First Heidelberg“ startet im Herbst 2024 und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Pro Jahr sollen fünf bis sechs Wohnungen für wohnungs- und obdachlose Menschen akquiriert werden. Mindestens 75 Prozent der Mieter*innen sollen am Ende der Projektlaufzeit in ungekündigten Mietverhältnissen leben. Während der Projektlaufzeit werden diese von Sozialarbeiter*innen oder Psycholog*innen bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen begleitet und unterstützt.
Zur Finanzierung konnte das Amt für Soziales und Senioren erfreulicherweise eine Landesförderung sowie eine Kofinanzierung der Vector-Stiftung in Höhe von insgesamt 300.000 Euro einwerben. Bei der Umsetzung des Projekts arbeitet die Stadt eng mit zwei erfahrenen Heidelberger Trägern im Bereich der Wohnungslosenhilfe zusammen – dem SKM Heidelberg und der evangelischen Stadtmission. Diese Trägergemeinschaft wird die Umsetzung und Koordination des Projektes vor Ort übernehmen.
„Housing First“ alleine ist jedoch kein Allheilmittel, sondern als Ergänzung zu unseren vielfältigen Angeboten im Bereich der Wohnungslosenhilfe zu sehen. Dennoch hoffen wir, dass die Umsetzung des Projektes nicht nur den betroffenen Menschen hilft, sondern auch einen positiven Einfluss auf unsere Stadtgemeinschaft hat. Durch die Integration von wohnungs- und obdachlosen Menschen in die Gesellschaft kann aktiv gegen Ausgrenzung und Diskriminierung vorgegangen werden.