Stadtblatt-Beitrag von Dr. Luitgard Nipp-Stolzenburg – Ausgabe vom 17.03.2021 //
Eigentlich sollte diese Woche der Heidelberger Frühling eröffnet werden; zum zweiten Mal musste er abgesagt werden. Ich erinnere mich noch gut an den 12. März 2020, als bei der Beiratssitzung des Heidelberger Frühlings die Entscheidung fiel, das Festival wegen der Corona-Pandemie gänzlich abzusagen. Es war die richtige Entscheidung, aber ein Schock für alle Beteiligten. Für die vielen Musikbegeisterten, die sich auf die wundervollen Konzerte gefreut hatten. Noch mehr für das Team des Frühlings, das seit über einem Jahr am Programm gefeilt, alles perfekt geplant und vorbereitet hatte. Und am meisten für die Künstler*innen, für die mit dieser Absage eine lange Zeit begann ohne Konzerte, ohne gemeinsame Proben, ohne Kontakt mit dem Publikum – und ohne Gagen. Auf dem Universitätsplatz stand der gläserne Pavillon, der als Festival-Zentrum gedacht war, da die Stadthalle wegen Umbau schon geschlossen war. Die Planung war ohne Stadthalle ohnehin herausfordernd gewesen und nun war alles vergeblich. Alles musste abgesagt, rückabgewickelt und gekündigt werden.
Der Heidelberger Frühling hat eine sehr enge, oft jahrelange Beziehung zu „seinen“ Künstler*innen und wollte sie auch in dieser Situation nicht im Stich lassen. Eine Spendenaktion im Freundeskreis und unter den treuen Konzertbesucher*innen half, die besonders betroffenen Musiker*innen wenigstens ein bisschen finanziell zu entschädigen. Seither ist das Team des Heidelberger Frühlings damit beschäftigt zu planen, wieder umzuplanen, Szenarien durchzurechnen, Geplantes wieder abzusagen und trotz alledem einen konstruktiven und sorgenden Kontakt zu den Künstler*innen zu halten. Digitale Angebote machen viel Aufwand, sind für Künstler*innen und Publikum zwar ein kleiner Trost, können reale Konzerte aber bei weitem nicht ersetzen. Das Streichquartettfest im Januar dieses Jahres musste abgesagt werden. Der Gesangswettbewerb „Das Lied“ von Thomas Quasthoff wird verschoben auf Mai und kann auch da nur im Livestream verfolgt werden. Neue Digitalangebote werden derzeit vorbereitet.
Seit 25 Jahren genießen wir die Konzerte in herausragender Qualität. Ich habe Thorsten Schmidt und sein Team immer dafür bewundert, wie sie dieses Festival zu einem in Heidelberg ungemein beliebten und international beachteten Ereignis aufbauten. Nach einem Jahr Pandemie empfinde ich zudem Hochachtung für die Flexibilität und Geduld, mit der die Planer*innen immer neue Programme zusammenstellen, nie wissend, ob sie umgesetzt werden können. Ich wünsche dem Team des Frühlings und uns allen, dass wir uns möglichst bald wieder unbeschwert bei erstklassiger Musik in Konzertsälen treffen können.
Foto: studio visuell photography