Die Grüne-Fraktion freut sich, dass ihr Vorschlag, das aktuell verminderte Verkehrsaufkommen zu nutzen, um dem Rad- und Fußverkehr auf den Heidelberger Straßen mehr Platz zu geben, von ADFC und IG Fuß unterstützt wird. Damit könne nicht nur in Zeiten von Corona der Sicherheitsabstand zwischen Verkehrsteilnehmenden gewahrt, sondern auch die Verkehrswende vorangetrieben werden.
Enttäuschend ist indes die Reaktion der Stadtverwaltung. Am Mittwoch, 22. April, hatte eine Sprecherin der Stadt über die Rhein-Neckar-Zeitung verlauten lassen, dass ein flächendeckender Modellversuch, wie von Grünen, ADFC und IG Fuß gefordert, als zu „komplex“ bewertet würde. Lediglich „einzelne Straßenabschnitte“ würden laut Stadt dafür in Frage kommen. Die Stadt nannte hierfür nur drei Beispiele: die B37 in Richtung Neckargemünd und jeweils einen Abschnitt der Friedrich-Ebert-Anlage und der Kurfürsten-Anlage. Teilweise sind diese Maßnahmen bereits beschlossen. Auf gänzliche Umwidmungen von Autospuren zu Fahrradstraßen wurde nicht eingegangen.
„Wir finden es schade, dass sich die Stadt hier nicht mehr traut“, erklärt Grünen-Stadtrat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Felix Grädler, „wenn wir die Verkehrswende und den Kampf gegen den Klimawandel ernst nehmen wollen, dann ist der Vorschlag der Verwaltung absolut nicht ausreichend.“
Nach Ansicht der Grünen Fraktion würden sich zahlreiche Heidelberger Straßen für einen Modellversuch anbieten. Auch viele Heidelberger*innen haben positiv auf den grünen Vorschlag reagiert und zahlreiche Straßen vorgeschlagen, in denen eine Autospur für den Radverkehr umgenutzt werden könnte. Besonders häufig wurden hierbei Römerstraße, Ladenburger Straße, Czernyring, Speyerer Straße, Berliner Straße sowie die Mittermaierstraße genannt. „Es ist unverständlich, warum die Mittermaierstraße jetzt in einer Hauruck-Aktion saniert wird, ohne auch nur eine minimale Verbesserung für den Rad- und Fußverkehr zu erreichen“, kritisiert zudem Grünen-Stadtrat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Christoph Rothfuß. Eine Umsetzung von sogenannten Popup-Bikelanes wäre beispielsweise kostengünstig und einfach umsetzbar, wie andere Städte erfolgreich zeigten.
Deshalb bittet die Grünen-Fraktion die Stadtverwaltung, in der Bearbeitung des grünen Antrags zum Modellversuch auch explizit das sowohl temporäre als auch langfristige Umnutzungspotential der oben genannten Straßen zu prüfen.
„Für eine Verkehrswende müssen wir auch die Aufteilung des Straßenraums neu denken“, ist Grünen-Stadträtin Rahel Amler überzeugt, denn „eine Gleichberechtigung der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden muss sich auch im Platz widerspiegeln, der ihnen eingeräumt wird“. Und wenn man wolle, dass mehr Menschen auf das Rad umsteigen, müsse man das Radwegenetz so ausbauen, „dass Fahrradfahren immer die schnellste, sicherste sowie einfachste Art und Weise ist, in der Stadt von A nach B zu kommen“, erklärt Grünen-Stadträtin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Marilena Geugjes. Dafür müsse man nur nach Kopenhagen schauen. Und auch andere Städte machten es vor: Brüssel, Mailand, New York und sogar Duisburg haben angekündigt, ihren Autoverkehr zu reduzieren, um den Rad- und Fußverkehr auszubauen. In Brüssel wurde gar die gesamte Innenstadt zur Fußgänger- und Radfahrzone erklärt. Warum also nicht auch in Heidelberg?
Hier die bisherigen Artikel in der Rhein-Neckar-Zeitung zum Thema:
Grünen-Vorschlag für Heidelberg: Stadt lehnt Freigabe von Autospuren für Radler ab
Corona-Zeiten in Heidelberg: Grüne wollen Autospuren für Radler freigeben