Offener Brief: Solidarität in Zeiten der Corona-Krise

Offener Brief – Solidarität in Zeiten der Corona-Krise

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Corona-Krise stellt uns alle vor bisher ungeahnte Herausforderungen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind einschneidend, aber zwingend erforderlich. Die Corona-Krise verändert fast alle Lebensbereiche, noch können wir die genauen Folgen nicht abschätzen.

Viele, vor allem kleine Unternehmen und Selbstständige, stürzt die Corona-Pandemie in eine existentielle Krise. Einzelhandel, Gastronomie, Kulturhäuser, Fitnessstudios, Friseur*innen und andere Dienstleistungsbetriebe sind geschlossen. Die Einnahmen sind weg, die Ausgaben laufen weiter. Besonders hart trifft es Freiberufler*innen, Künstler*innen und Existenzgründer*innen. Auch Alleinerziehende, die sich die Kinderbetreuung mit niemandem teilen können, sind auf Unterstützung angewiesen. Wir müssen jetzt den Menschen, die in ihrer finanziellen Existenz bedroht sind, schnell und wirkungsvoll helfen.

Die Landesregierung Baden-Württemberg hat schnell reagiert und bereits ein Soforthilfeprogramm aufgelegt. Wichtig ist nun, dass die Hilfen die betroffenen Akteur*innen vor Ort schnell und unkompliziert erreichen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen der Stadtverwaltung zur “Sicherung der Handlungsfähigkeit in Zeiten der Corona-Krise” und die “Heidelberger Wirtschaftsoffensive zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Heidelberg” sind richtig und wichtig und erhalten unsere volle Unterstützung! Klar ist: Der Heidelberger Gemeinderat und die Stadtverwaltung bleiben auch in der Krise handlungsfähig. Um den betroffenen Akteur*innen in der Krise bestmöglich zu helfen, fordern wir die Stadtverwaltung auf, einen Vorschlag für eine nötige Budgetierung zu machen, um folgende Maßnahmen ergänzend zum Entwurf “Wirtschaftsoffensive” umzusetzen:

Vor allem für die Zielgruppe von Solo-Selbstständigen, Freiberufler*innen, kleinen und mittleren Unternehmen aller betroffenen Branchen (KMU), Existenzgründer*innen, Gastronomie, (inhabergeführte) Hotellerie und (inhabergeführten) Einzelhandel soll die Stadt Heidelberg:

  • Infoangebote wie eine Telefonhotline und ein aktuelles FAQ der Wirtschaftsförderung erstellen
  • Beratung für die Bundes- und Landesförderungen und aktuellen Programmen anbieten
  • Beratung und Information zu Möglichkeiten der Steuerstundung zur Verfügung stellen
  • Stundung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Stadt Heidelberg und städtischen Unternehmen ermöglichen
  • das bestehende Förderprogramm Kultur- und Kreativwirtschaft fortsetzen und zur Unterstützung von durch die Corona-Krise bedingten neuen Geschäftsmodellen, Produkten und Dienstleistungen für Kultur- und Kreativschaffende einsetzen
  • bei Neubeauftragungen im laufenden Haushaltsjahr lokale Dienstleister*innen und Unternehmen bevorzugen
  • einen städtischen Unterstützungsfonds einrichten, der Berufsgruppen oder individuellen Fälle, die nicht von Landes- oder Bundesmitteln unterstützt werden, aber von der Allgemeinverfügung der Stadt Heidelberg betroffen sind, unbürokratisch Liquiditätshilfen zur Verfügung stellt

Die Heidelberger Wirtschaftsoffensive, insbesondere die ergänzenden Maßnahmen für Solo-Selbständige, Freiberufler*innen, KMU und Existenzgründer*innen, sollen ämterübergreifend in enger Kooperation mit anderen beteiligten Fachämtern und der Stabsstelle Kultur- und Kreativwirtschaft bearbeitet und umgesetzt werden.

Weiterhin soll die Stadtverwaltung den Heidelberger Familien die Kosten der Kinderbetreuung zurückerstatten und auch Trägern, die die städtischen Gebührenstrukturen übernommen haben, diese Möglichkeiten bieten. Weiterhin sollen die Träger ausgestattet werden, um eine „Notbetreuung“ für systemrelevante Berufe anzubieten.

In die Heidelberger Wirtschaftsoffensive sollen darüber hinaus auch Kulturveranstalter*innen und Live-Musik-Spielstätten einbezogen werden. Die Stadtverwaltung soll deshalb:

  • feste Ansprechpartner*in bei der Stadt für Soforthilfen und finanzielle Probleme benennen
  • Umwidmung von Zuschüssen für Projekte/Projektförderungen in Kostendeckung für laufende Kosten (Miete, Versicherungen, Personal) ermöglichen
  • Mietersatz / Verzicht auf Miete für alle Kulturveranstalter*innen und Spielstätten in städtischen Liegenschaften erlassen, wenn wirtschaftlich erforderlich
  • Erlassen von offenen Forderungen gegenüber der Stadt
  • Aussetzen von Vorauszahlungen an die Stadt Heidelberg
  • Beratung über staatliche Unterstützung von Künstlern und Solo-Selbständigen im Kulturbereich anbieten
  • Projektgelder sollen vorerst nicht zurückgefordert werden
  • städtische Zuschüsse für diverse Organisationen und institutionell Geförderte bei Bedarf unverändert in gleicher (oder höherer) Höhe zu überweisen, auch wenn sie wegen des Coronavirus derzeit kein Angebot zur Verfügung stellen.

Wir bitten Sie im Hinblick auf die außergewöhnliche Situation, unsere Vorschläge zu prüfen und zeitnah umzusetzen. Wir danken ganz herzlich allen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung für ihren großartigen Einsatz. Sie halten den demokratischen Betrieb aufrecht und gewährleisten auch in unübersichtlichen Zeiten die Handlungsfähigkeit der Stadtverwaltung Heidelberg.

Wir Grüne streben in dieser außergewöhnlichen Situation einen überparteilichen, kooperativen Austausch und eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen, der Stadtverwaltung und den anderen Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat an. Wir müssen über die Parteigrenzen hinweg an einem Strang ziehen. Kooperation ist wichtiger denn je.

Bleiben Sie gesund!

Mit freundlichen Grüßen im Namen der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Derek Cofie-Nunoo, Fraktionsvorsitzender

Heidelberg, 24. März 2020