Psychische Gesundheit in Krisenzeiten

Stadtblatt-Beitrag von Rahel Amler – Ausgabe vom 20.05.2020 // 

Die Corona-Pandemie hat den sozialen Alltag in Deutschland drastisch verändert und ist ein Belastungstest für alle, für unser Gesundheitssystem, für die Wirtschaft, aber auch für unsere Psyche. Soziale Distanz, Isolierung: All diese „Abstandhalter“ machen etwas mit uns. Sie sollen unsere körperliche Gesundheit schützen und Ansteckung verhindern. Wie Medikamente haben aber auch sie Nebenwirkungen. Diese sind, wie bei jedem Heilmittel, von Mensch zu Mensch verschieden. Was schon gesunden Menschen zunehmend zu schaffen macht, trifft andere besonders hart. Es wird geschätzt, dass etwa 30 Prozent der Menschen in Deutschland unter psychischen Belastungen leiden – das Spektrum reicht von leichten Angststörungen über Substanzmissbrauch bis hin zu schweren Psychosen. Gereiztheit, Verärgerung, schlechter Schlaf: Das sind bereits typische Reaktionen einer Belastungssituation. Mit zunehmender Zeit steigt das Risiko, dass sich diese mentale Belastung des Lockdowns auch auf psychisch gesunde Menschen auswirkt – sogar auf die gesamte Gesellschaft.

Daten aus China weisen darauf hin, dass dort Depressionen, Angst und Schlafprobleme seit dem Corona-Ausbruch anstiegen. Vor allem junge Menschen und Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens scheinen demnach in dieser Krisensituation einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen ausgesetzt zu sein. Besonders betroffen können auch Menschen sein, die eine ähnliche emotionale Situation schon einmal erlebt haben. Dann können Erinnerungen an ein bestehendes Trauma von früher zurückkommen, eine posttraumatische Belastungsstörung wird reaktiviert. In Deutschland werden pro Quartal 2,5 Millionen gesetzlich Versicherte bei Fachärzt*innen für Psychiatrie und Psychotherapie behandelt. Durch Hotlines können immer mehr Menschen auch anonym kurzfristig Hilfe und präventive Beratung durch Fachkundige in Anspruch nehmen. Bedarfsorientierte Krisentelefone werden auch in Heidelberg zahlreich von offenen, fachkundigen Ohren betreut. Ihnen gilt heute mein besonderer Dank.

Wer Veränderungen an sich oder an Mitmenschen feststellt, kann sich frühzeitig anonym und kostenfrei an die folgenden Anlaufstellen wenden und Beratung finden:

– Telefonseelsorge Rhein-Neckar: 0800 1110111 oder 0800 1110222

– Psychosoziale Hilfe Heidelberg: 06221 412481

– „Nummer gegen Kummer“ für Kinder und Jugendliche: 0800 116111

– Frauennotruf Heidelberg: 06221 183643

– Männernotruf: 06221 6516767

– Elterntelefon: 0800 1110550

– SeeleFon für Angehörige psychisch erkrankter Menschen: 0228 71002424

– Nightline für Studierende im Rhein-Neckar-Kreis: 06221 184708

– Krisenhotline Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen: 0800 7772244