Schaumküsse statt Hindernisse

Stadtblatt-Beitrag von Dorothea Kaufmann – Ausgabe vom 15.07.2020 //

Nun hat die Diskussion um die Benennung der lokalen Gastronomie auch Heidelberg erreicht. Die „exotische“ Dekoration eines Ladengeschäftes erregt ebenfalls Aufsehen, entsprechende Artikel in der Presse und in den sozialen Medien werden eifrig kommentiert und entwickeln sogar überregionales Aufsehen. Immer wieder taucht die Frage auf, was eigentlich „so schlimm“ daran sein soll, wenn der Begriff „Mohr“ verwendet wird und wieso tradierte Begriffe „plötzlich rassistisch“ sind.

Zuerst muss sich die weiße Mehrheitsgesellschaft bewusst werden, dass es nicht an ihr ist, darüber zu entscheiden, was rassistisch ist und was nicht. Diese Bewertung obliegt ausschließlich den Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Ich als weiße cis-Frau mit allen erdenklichen Privilegien kann nur zuhören, verstehen und helfen – aber immer nur nach den Regeln derer, die unmittelbar unter rassistischen Klischees leiden. Ob dieses Klischee der Mann auf der Reispackung, die Schokolade-Werbefigur oder die Dekoration im Einzelhandel ist: BPOC (black and people of colour) werden oft als koloniale Staffage genutzt und ich weiß aus zahlreichen Erzählungen, dass sie dies nicht schätzen.

Rassismus hat viele Gesichter und extrem viel mit Bezeichnungen zu tun. Unser Denken beeinflusst unsere Sprache und umgekehrt beeinflusst die Sprache unser Denken. Das Bewusstsein für kolonial-kodierte Sprache ist noch ungenügend verankert und die moderne aufgeklärte Gesellschaft muss sich der Herausforderung stellen, dieses Bewusstsein zu schaffen und mit Rassismus konstruktiv umzugehen. Welcher Nachteil soll denn dieser Gesellschaft entstehen, wenn niemand mehr von „Zigeunerschnitzel“ und „Mohrenköpfen“ spricht? Genau: keiner. Aber für die Menschen, die sich dadurch (zurecht) angegriffen und beleidigt fühlen, macht es einen sehr großen Unterschied. Wir müssen ihre Bedenken und ihr Befinden ernst nehmen und wir haben alle die Verantwortung dafür, hieraus Konsequenzen zu ziehen. Auf einige Wörter im Vokabular zu verzichten, um anderen Menschen unsere Wertschätzung ihnen gegenüber zu demonstrieren: selten ist es so einfach, sich für andere einzusetzen.

Auch wenn jede*r Einzelne zum guten Sprachklima beitragen kann, so ist es doch an der Politik, klare Regeln für rassistisch belegte Begriffe einzuführen und z.B. bundesweit das „N-Wort“ zu ächten. Lassen Sie uns die Diskussion um Rassismus und Kolonialismus auch in Heidelberg führen: offen, zugewandt und fair. In den kommenden Monaten wird die Grüne-Fraktion zahlreiche Veranstaltungen zu diesem Themenkomplex anbieten und wir freuen uns, mit Ihnen ins (digitale) Gespräch zu kommen. Gerne auch beim gemeinsamen Genuss eines Schaumkusses egal welcher Farbe.