Sichtbarkeit als Literaturstadt

Stadtblattartikel von Dr. Dorothea Kaufmann und Kathrin Rabus – Ausgabe vom 27.10.2021 //

“Und keinem hat der Zauber noch gelogen” – mit diesem Zitat von Joseph von Eichendorff endete die grandiose Bewerbungsschrift für die Aufnahme Heidelbergs ins Unesco City Network. Eine 15-köpfige Expert*innen-Kommission unter der Leitung von Frank Zumbruch hatte drei Jahre lang dafür gearbeitet, dass Heidelberg sich seit dem Jahr 2014 mit dem Titel Unesco City of Literature zu schmücken darf. Zahlreiche Literaturschaffende der Stadt hatten damals Projektideen eingereicht und sich engagiert.

Die im aktuellen Haushalt beschlossenen Kürzungen schlugen nun hohe Wellen, Literaturschaffende protestieren vor der Sitzung des Kulturausschusses am Rathaus. Es geht um die Ausstattung und Wertschätzung der Heidelberger Literaturszene an sich, aber auch darum, dass ausgerechnet im nächsten Jahr eine Evaluierung des Titels bei der Unesco ansteht. In der Sitzung des Kulturausschusses haben wir beantragt, dass nun ein Gesamtkonzept der Literaturförderung erstellt wird. Ein solches ermöglicht es der Stadt und den Literaturschaffenden, Autor*innen, Übersetzer*innen und Verleger*innen, den hart erkämpften Titel “Unesco City of Literature” zu erhalten und mit noch mehr literarischem Leben zu füllen. Ebenso wird geprüft, ob und wie die Einsparungen zurückgenommen werden können.

Denn der Titel ist nicht nur eine Würdigung des bestehenden literarischen Lebens der Stadt, sondern vor allem auch ein Arbeitsauftrag. Und Heidelberg kann auf jeden Fall noch nachlegen, was die Sichtbarkeit als Literaturstadt angeht. Immerhin ist sie die einzige deutschsprachige Unesco City of Literature unter 39 weltweit. Für die nachhaltige Verankerung in der Stadtgesellschaft ist es jedoch notwendig, das Angebot in alle Gesellschaftsschichten in allen Stadtteilen zu bringen und auch junge Menschen einzubinden.

Die wohl berühmteste Tankstelle im Emmertsgrund kann ebenso Kulturort sein wie das “Café Hilde Domin”; wie schön wäre es, beim nächsten Metropolink-Festival stadtweit Gedicht-Graffitis zu sehen. Diese und noch weitere spannende Vorschläge wurden im Kulturausschuss von Ingeborg von Zadow als Vertreterin der Literaturschaffenden vorgestellt. Und wir sind uns sicher, dass es noch viel mehr Ideen geben wird, wenn die Literaturszene der Stadt erneut eingebunden und finanziell unterstützt wird.

Am Wichtigsten ist es, die Vielfalt der kulturellen Angebote in Heidelberg wertzuschätzen, sie nicht gegeneinander auszuspielen und nach Möglichkeit auskömmlich zu fördern – und genau hierfür setzen wir uns weiterhin ein. „…Und keinem hat der Zauber noch gelogen – Denn Heidelberg wars, wo sie eingezogen.” (Joseph von Eichendorff).

Foto von Dr. Dorothea Kaufmann und Kathrin Rabus

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