Sofortprogramm: Angebote statt einseitige Verbote für junge Menschen

Pressemitteilung vom 29.10.2021 – Gemeinderatsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die aktuelle Situation an der Alten Brücke ist vergleichbar mit der Situation auf der Neckarwiese im Sommer. Bereits am 22. Juli hatte die Grünen-Fraktion eine Kurzdebatte in der Gemeinderatssitzung zum Thema “Sofortprogramm Jugendangebote” initiiert. Diese wurde parteiübergreifend unterstützt. Dort wurde von der Stadtverwaltung die sofortige Umsetzung von mehr Angeboten für junge Menschen gefordert. Die Grünen hatten dazu bereits konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Leider ist seitdem viel zu wenig passiert.

“Viele der Maßnahmen, die wir bereits im Sommer gefordert hatten, wurden nicht umgesetzt. Zum anderen ist der Treffpunkt an der Alten Brücke entstanden, nachdem im Sommer die Neckarwiese gesperrt wurde – das Problem hat sich also lediglich verlagert – wie von mehreren Seiten prophezeit”, sagt Grünen-Stadtrat Julian Sanwald.

Junge Menschen treffen sich, konsumieren Alkohol und sorgen dabei für eine gewisse Lautstärke. “Wir haben Verständnis für den Unmut der Anwohner*innen. Temporäre Verbote allein können die Situation zwar kurzfristig entschärfen, sind aber keine langfristige Lösung und reichen auch nicht aus. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viel zu wenig dafür getan, jungen Menschen nicht-kommerzielle Treffpunkte und Räume zur Verfügung zu stellen”, so Grünen-Stadträtin Dr. Ursula Röper.

Um die Diskussion um die Vorgänge in der Altstadt wieder zu versachlichen, macht die Grünen-Fraktion erneut deutlich, dass es endlich darum gehen muss, konkrete Angebote für junge Menschen zu schaffen und die bereits bestehende strukturelle Benachteiligung zu beseitigen. Heidelberg ist die jüngste Stadt Deutschlands, hat aber viel zu wenig passende Angebote für junge Menschen.

“Das ‚Feierbad‘ war zwar ein gutes Projekt über den Spätsommer, hat aber nur kurzfristig für Ausgleich gesorgt und löst das seit langer Zeit bestehende strukturelle Problem nicht. Wir brauchen viel mehr dieser Angebote – und zwar nicht nur für einen Teil des Sommers. Neben Angeboten für junge Menschen, welche die Situation in der Altstadt im Allgemeinen und auf der Alten Brücke im Besonderen entlasten würden, ist es wichtig, Ordnungs- und Sicherheitspolitik nachhaltig und sinnvoll zu gestalten. Hier ist auf Prävention und niedrigschwellige Ansprache zu setzen, was in Bezug auf Jugendliche vor allem durch Jugendsozialarbeiter*innen durchgeführt werden muss, und nicht auf Repression und Verbote, was selten deeskalierend wirkt sondern jungen Menschen vielmehr das Gefühl gibt, dass sie in unserer Stadt nicht willkommen sind, und ‚Hot Spots‘ einfach nur verlagert. Auch die Jugendlichen müssen stärker mit eingebunden werden. Wir brauchen weiterhin den Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligung”, erklärt Grünen-Stadträtin Dr. Marilena Geugjes.

Die Grünen-Fraktion hat die sofortige Umsetzung der folgenden Maßnahmen beantragt:

Sport
– Zusätzliche Spiel- und Sportstätten auf der Neckarwiese und in den Stadtteilen
– neue Pump-Tracks, Skate-Anlagen, Calisthenics-Parks, Basketballplätze, legale MTB-Trails und weitere informelle Sportangebote mit Beteiligung der Nutzer*innen
– Unterstützung von Vereinen und Professionals zum Anbieten von Kursen mit dem Fokus auf junge Menschen, z.B. Crossfit oder Freeletics

Kultur
– Ausschreibung von städtisch geförderten Pop-Up Clubs
– Suche nach temporären Indoor- und Outdoor-Flächen für Veranstalter*innen
gemeinsam mit Vertreter*innen der Clubszene und der Livemusik-Spielstätten schnellstmöglich Strategien und Konzepte zur kontrollierten Öffnung der Kultureinrichtungen entwickeln
– Entwicklung von neuen zielgruppenspezifischen Konzepten gemeinsam mit Clubbetreiber*innen
– Neufassung des Clubförderprogramms mit dem regionalen Clubverband
– Umsetzung des TOP Antrages “Clublandschaft wiederaufbauen” (0022 / 2021 / IV)
– Entwicklung eines Jugendkultur-Konzepts für die nächsten Jahre, das auch die künstlerische Nachwuchsförderung im Blick hat. Es mangelt an Proberäumen, Ateliers und Auftrittsmöglichkeiten für junge Künstler*innen. Hier fordern wir die Stelle eines*r Beauftragten für Jugendkultur als Schnittstelle zwischen jungen Menschen und Verwaltung/Politik

Freizeit
– schnell Airfield temporär zur vielseitig nutzbaren Fläche umfunktionieren
– Schaffung von weiteren nicht-kommerziellen und zumindest zum Teil wetterunabhängigen Treffpunkten für junge Menschen in jedem Stadtteil (siehe Haushaltsantrag “Masterplan für Treffpunkte für junge Menschen”)
– umfangreiche Infokampagne für Jugendliche über geeignete Kanäle zu verschiedenen Freiflächen in Heidelberg
– Website mit Informationen zu allen Veranstaltungen und Freizeitmöglichkeiten in Heidelberg speziell für junge Menschen.
– Förderstrategien zur Schaffung neuer Orte für junge Menschen ohne Konsumzwang, auch außerhalb bekannter Jugendtreff-Konzepte
– Konfliktmanagement
Einsatz von städtischen Jugendsozialarbeiter*innen/Streetworker*innen in den Abend- und Nachtstunden an “Hot Spots”, die Jugendliche niederschwellig ansprechen, deeskalierend wirken und damit repressiven Maßnahmen vorbeugen
– verstärkte Zusammenarbeit zwischen Polizei, KOD und Jugendsozialarbeiter*innen in Bezug auf jugendlichen Alkoholkonsum im öffentlichen Raum
Fokus auf Prävention: Konfliktsituationen mit geeigneten Maßnahmen VORBEUGEN (z.B. Aufstellen von mobilen Toiletten, um Wildpinkeln zu reduzieren)
– Informations- und Awarenesskampage zur Nachtökonomie

Allgemein
– Einbeziehen von Jugendlichen in alle Entscheidungen, Ausbau der Kinder- und Jugendbeteiligung
– Impfaktionen für Jugendliche

Den Antrag im Wortlaut finden Sie hier